Ihr Lieben,
ich habe mir ein Tattoo stechen lassen! Es ist mein erstes Tattoo und ich habe vorher lange darüber nachgedacht. Schon seit einigen Jahren scrolle ich mich bei Pinterest immer mal wieder durch entsprechende Fotos und hatte eine Zeitlang eine Pinnwand, die ich laufend mit Tattoos, die ich schön fand, ergänzt habe.
Soll ich, oder soll ich nicht?
So richtig entscheiden konnte ich mich aber nicht und auch die Endgültigkeit dieser Entscheidung hat mich bisher davon abgehalten, mich wirklich mal beraten zu lassen und das ganze in Angriff zu nehmen.
Mein ganz persönliches Motiv für mein erstes Tattoo
Vor ein paar Wochen habe ich dann Tattoos entdeckt, die mir sehr gefallen haben und deren Motive ganz meins waren. Es waren Tätowierungen mit Büchern. Es gibt sehr viele in verschiedenen Stilen und schön sind sie alle.
Bücher begleiten mich schon mein ganzes Leben. Als ich noch klein war, haben mir meine Mutter und meine Oma immer vorgelesen. Ich weiß nicht, wie oft ich neben meiner Oma auf der Couch gesessen habe und sie mir meine Lieblingsmärchen vorgelesen hat. Sobald ich selbst lesen konnte, habe ich Bücher geradezu verschlungen. Mein Vater ist sonntags immer mit mir auf den Trödelmarkt gefahren und da durfte ich mir Bücher aussuchen. Auf dem Flohmarkt kosteten sie fünfzig Pfennig oder eine Mark. Bei meinem Lesetempo hätte ich meine Eltern arm gemacht, wenn wir die Bücher immer zum regulären Preis im Laden gekauft hätten. Mit einer großen Tüte voll Bücher kam ich zwei, maximal drei Wochen hin. Später habe ich meine Tochter mit meiner Leidenschaft fürs Lesen angesteckt. Im vorletzten Jahr habe ich dann die Seiten gewechselt und selbst ein Buch geschrieben. Wenn es ein Motiv gibt, das mein Wesen und meine Interessen am besten ausdrückt, dann ist es eins mit Büchern. In Büchern stecken Fantasie, Kuriositäten, Spannung, Humor, Liebe und Hass, Geschichten, Inspiration, Wissen und die Weisheit der ganzen Welt.
Ich habe mir auf dem Handy ein Album angelegt, in dem ich Screenshots der Tattoos gesammelt habe, die mir am besten gefielen. Die habe ich immer wieder angeschaut und hier und da eins gelöscht, sodass immer weniger übrig blieben. Zum Schluss gab es noch zwei Fotos von hübschen, kleinen Tattoos mit Büchern und einer Kaffeetasse. Bei einem davon gefiel mir (mit ein paar Änderungen) das Motiv und beim anderen eher die Art, wie es gestochen war, stellenweise schattiert und leicht abgedunkelt. Kleine Änderungen sollte man an Tattoos, die man im Internet findet, immer machen lassen. Erstens hat sich das Ganze jemand ausgedacht und da sollte man das Urheberrecht respektieren, und zweitens will man ja kein Tattoo, das genau so schon jemand anderes mit sich herumträgt. Ich glaube, die meisten Tätowierer übernehmen auch kein Motiv eins zu eins von anderen Kollegen.
Jetzt war also klar, was unter meine Haut sollte und jetzt konnte ich es kaum noch abwarten.
Beratung ist wichtig!
Zunächst habe ich Leute gefragt, die schon tätowiert sind und habe auch das Internet befragt, welche Studios es in der Nähe gibt und wie die Bewertungen sind. Ich habe eine kleine Auswahl erstellt und bin zum ersten Tattoostudio auf meiner Liste gefahren, um mich beraten zu lassen. Die Wellenlänge stimmte, die junge Frau an der Anmeldung war sehr nett und hat mir auch gleich den Zahn gezogen, dass mein gewünschtes Motiv auf 5 x 5 cm passt. Sie hat beim Tätowierer nachgefragt und der meinte, dass es schon 7 bis 8 cm Platz braucht, weil sonst das Motiv zu klein wird und es auf den ersten Blick so aussähe, als hätte ich einen dunklen Fleck auf der Haut. Es würde also doch größer werden, als ich gedacht hatte. Ich bekam ein kleines bisschen Angst vor meiner eigenen Courage, aber ich hatte mein Motiv gefunden und wollte es jetzt endlich unter meiner Haut haben. Auf die paar Zentimeter kam es jetzt auch nicht mehr an.
Weil ich mich im Studio gut aufgehoben und gut beraten fühlte, habe ich gleich einen Termin gemacht. Ich musste mich noch über eine Woche gedulden, bis es endlich soweit war, die Woche hat sich gezogen wie Kaugummi. Inzwischen habe ich erfahren, dass eine Woche noch wenig Wartezeit ist. Ich hatte also Glück.
Die beiden Fotos meiner Wunschmotive habe ich dem Studio vorab per Email gesendet und geschrieben, was mir an welchem Motiv gefällt, wo ich gerne ein Detail geändert hätte und wie diese Änderung aussehen soll.
Es wird ernst ...
Der Tag war gekommen, mein Termin war am Nachmittag und ich war den ganzen Vormittag über doch etwas nervös. Nicht, weil ich an meiner Entscheidung gezweifelt habe, sondern, weil ich, ehrlich gesagt, ein bisschen Angst hatte, dass es sehr unangenehm sein könnte. Manche sagen, dass sie kaum etwas gespürt haben, anderen hat das Stechen so weh getan, dass sie froh waren, als ihr Tattoo endlich fertig war. Es kommt hier wahrscheinlich darauf an, wie schmerzempfindlich man ist, wie lange der Vorgang dauert, und vor allem, wo man tätowiert wird.
An gut gepolsterten Stellen ist es sicherlich angenehmer, als an Stellen wie dem Handgelenk, an dem kaum Unterhautfettgewebe vorhanden ist. Mein Motiv ist innen am Unterarm. Ein bisschen gepolstert ist diese Stelle bei mir schon, aber eben nicht sehr. Ich konnte gar nicht abschätzen, was mich da erwartet.
Vor dem Tätowieren steht die Einverständniserklärung
Zuerst musste ich eine Einverständniserklärung unterschreiben und eine Bestätigung, dass ich verstanden habe, was beim Tätowieren alles schiefgehen kann. Es war eine ziemlich lange Liste. Da ich mich vorher im Internet allgemein über Tattoos, entsprechende Studios und alles, was so zu beachten ist, informiert habe und mir keine Horrorszenarien begegnet sind, bin ich einfach mal davon ausgegangen, dass schon alles gutgehen wird. Es war auch ein Vordruck dabei, in dem ich darauf hingewiesen wurde, dass das Tätowieren eine Körperverletzung darstellt und ich mit meiner Unterschrift bestätige, dass ich mit dieser Körperverletzung einverstanden bin und mich freiwillig tätowieren lasse. Es ist schon irgendwie seltsam, so etwas zu unterschreiben, aber das Studio und der Tätowierer müssen sich natürlich rechtlich absichern.
Als die Formalitäten erledigt waren, habe ich noch ein paar Minuten im Wartezimmer gesessen, dann wurde ich abgeholt und es ging los.
Das gewünschte Motiv wird vorbereitet
Der Tätowierer hatte mein Wunschmotiv aufgrund der Email, die ich gesendet hatte, schon vorgezeichnet. Es war auf Anhieb genau so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Er hat das Tattoo des ersten Fotos, das ich ihm gemailt hatte, nach meinen Wünschen verändert und auf eine Art Transferpapier ausgedruckt. Das Foto des zweiten Tattoos hat er vergrößert und den Ausdruck an seinen Arbeitsplatz gelegt. Die Schattierungen auf diesem Bild, die auf dem ersten Foto fehlten, ich aber gerne wollte, würde er später noch einarbeiten. Wenn mir sein vorgezeichnetes Werk nicht gefallen hätte, dann hätte er eine neue Zeichnung angefertigt. Falls ihr ein Tattoo möchtet, beschreibt das gewünschte Motiv so genau wie möglich, habt Fotos von Beispielen dabei und lasst es so lange ändern, bis es euch zu 100 Prozent gefällt. Ihr lauft damit herum bis zum Sankt Nimmerleinstag, da sollte es genau das sein, was ihr euch vorgestellt habt. Ihr tut weder euch, noch dem Tätowierer einen Gefallen, wenn es euch unangenehm ist, es so lange ändern zu lassen, bis alles stimmt.
Wir haben geschaut, wo genau mein Tattoo hin sollte. Jetzt wurde der Ausdruck auf meinen Arm gelegt, angedrückt und das Papier wieder abgezogen. Das gewünschte Bild war jetzt auf meinem Arm zu sehen. Ich wurde gefragt, ob jetzt alles so ist, wie ich es haben möchte. Jetzt könnten noch Änderungen vorgenommen werden, wenn die Farbe erst unter meine Haut gestochen ist, ist es zu spät. Ein kleines Detail haben wir dann doch noch geändert und es konnte so richtig losgehen.
Auf dem Foto seht ihr das vorgezeichnete Motiv vor dem Stechen.
Die Qualität der Fotos ist nicht besonders, es sind Selfies. Sorry dafür. Ich denke aber, es reicht, um einen Eindruck zu bekommen.
Jetzt geht es los
Für mich stand ein Stuhl bereit und meinen Arm habe ich auf ein Gestell mit einem großen Polster gelegt. Während die erste Linie gezogen wurde, habe ich die Luft angehalten, aber es war gut auszuhalten. Es ist ein pieksiges, kratziges Gefühl, ich kann das schlecht beschreiben. Es gibt Schöneres, aber schlimm war es nicht. Er fing mit der unteren Linie an und arbeitete sich langsam und sorgfältig nach oben. Nach ungefähr einer halben Stunde war das Motiv zu etwa drei Vierteln in meiner Haut verewigt und der Tätowierer hat den Raum für eine kurze Pause verlassen. Zwischendurch, wenn eine neue Nadel im Gerät befestigt wurde, habe ich meinen Arm mal ausgeschüttelt. Mehr als das Stechen störte mich die Haltung, in der Arm und Schulter waren. Die Pause war mir sehr willkommen, um meinen Arm in eine andere Position zu bringen und ein bisschen zu entlasten.
Ich habe sie auch genutzt, um ein paar Fotos vom teils fertigen Tattoo zu machen und an meinen Mann und meine Tochter zu schicken. Die beiden haben mich gebeten, gleich Bescheid zu geben, wenn ich fertig bin. Ich wollte sowohl das Tattoo, als auch mein Gesicht fotografieren, damit sie sehen, dass es mir gut geht. Deshalb ist die Qualität wieder nicht so besonders, sorry dafür. Hier ist auch das Polsterdings zu sehen, auf dem mein Arm die ganze Zeit lag. Während des Stechens drückte der Tätowierer mit seiner freien Hand meinen Arm fest auf die Unterlage. Klar, wenn ich den Arm nur minimal bewegt hätte, hätte ich jetzt Striche im Bild, die nicht geplant waren. Ich weiß daher jetzt, wie sich ein Werkstück im Schraubstock fühlt.
Es wurde übrigens nur schwarze Tinte verwendet. Auf den Fotos sind leicht rötliche Schatten zu sehen. Das ist meine Haut, die, durch das Stechen und ständige Abwischen der überflüssigen Tinte, strapaziert und gerötet ist.
Nach einigen Minuten ging es weiter. Die Nadel wurde wieder gewechselt. Jetzt war es keine einzelne Nadel mehr, sondern ein Aufsatz, der vorne in etwa wie ein kleiner Schlitz-Schraubenzieher aussieht.
Ich habe mal gegoogelt, es gibt verschiedenen Nadelarten, die man Liner und Shader nennt. Wenn ein erfahrener Tätowierer hier mitliest, schlägt er wahrscheinlich gerade die Hände über dem Kopf zusammen, aber ich habe leider so gar keine Ahnung. Das Ding, womit die Schatten in mein Tattoo eingearbeitet wurden, war dann wahrscheinlich ein Shader. (Alle Angaben ohne Gewähr, weil, wie gesagt, null Ahnung.)
Nach der kurzen Pause waren jetzt also die Schatten an der Reihe. Der Tätowierer hatte sich ja den Ausdruck des zweiten Fotos, auf dem das Motiv mit den Schatten zu sehen war, an seinen Platz gelegt und hat immer mal wieder draufgeschaut und die Schattierungen in mein Motiv eingearbeitet. Die andere Tätowierspitze fühlte sich beim Stechen auch nicht anders an, als die, mit der die Linien gezogen wurden. Nach ungefähr einer Viertelstunde war ich fertig.
Geschafft! Mein Tattoo ist fertig
Mein funkelnagelneues Tattoo wurde nun mit Tattoobutter eingecremt. Das ist eine Pflegecreme, mit der ich mein Tattoo mehrmals täglich eincremen sollte. Ich hätte auch ganz normale Heilsalbe dafür nehmen können, aber die Tattoobutter konnte ich im Studio bekommen, für die Heilsalbe hätte ich noch zur Apotheke gehen müssen. Ich habe mir auch gedacht, dass ich, wenn es schon etwas Spezielles für die Pflege von Tätowierungen gibt, lieber darauf zurückgreifen möchte. Nach dem Eincremen wurde ein Stück Folie (ganz normale Frischhaltefolie) auf das Tattoo gelegt und mit Kreppband angeklebt, damit keine Keime hineingelangen können.
Als alles fertig war, hat mir der Tätowierer erklärt, wie das Tattoo zu pflegen ist, bis es verheilt ist. Nach zwei bis drei Wochen ist die oberflächliche Heilung abgeschlossen, bis alle Hautschichten verheilt sind, kann es Monate dauern. Von dem Heilungsprozess im Inneren der Haut bekommt man aber nichts mehr mit.
Bevor ich losgefahren bin, habe ich ein Foto gemacht, das ich wieder an Mann und Tochter geschickt habe.
Mit meinem Tattoo, dem Studio, den Mitarbeitern dort und der Beratung vorher und nachher war und bin ich sehr zufrieden. Alle meine Wünsche wurden berücksichtigt und es wurde sehr sorgfältig gearbeitet. In zwei bis drei Wochen soll ich wieder hin und dann wird geschaut, ob irgendwo nachgestochen werden muss. Das kann sein, weil die Haut auf die Behandlung reagiert und versucht, die Farbe wieder loszuwerden. Möglicherweise werden deshalb stellenweise Linien schwächer. Das Nachstechen ist kostenlos.
Ich finde mein Tattoo toll und bin echt froh, dass ich es habe. Ein bisschen habe ich befürchtet, dass ich es doch bereuen würde, wenn es einmal da ist, aber das ist nicht der Fall. Es gehört jetzt zu mir und ich bin fest davon überzeugt, dass es nicht alleine bleiben wird.
Ich habe schon sehr lange immer wieder darüber nachgedacht, mir Motive ausgesucht und hatte nie das Gefühl, dass die Zeit reif dafür ist. Sobald ich die Büchermotive gesehen hatte, war sofort klar, dass ich mir ein solches stechen lassen würde und ich konnte es kaum abwarten, bis es endlich soweit war.
Informiert euch bitte bei eurem Tätowierer vorher über alles, was ihr wissen möchtet. Mein Text hier ist aus meiner Sicht geschildert. Ich habe die Informationen nach bestem Wissen und Gewissen zusammengetragen, werde aber natürlich keine Haftung übernehmen, falls bei euch etwas schiefgeht, weil ihr euch auf die Informationen in diesem Blogpost verlasst. Fragt unbedingt vorher jemanden, der sich mit der Materie auskennt. Ich bin auch nur die am spitzen Ende der Tattoomaschine.
Wenn ihr immer wieder darüber nachdenkt, euch aber noch irgendetwas zurückhält, sucht weiter, bis ihr euer Motiv gefunden habt. Ihr merkt es, wenn es soweit ist.
Eure Nicole
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Kommentare
Mega und sehr cool. Beim lesen deiner Geschichte, hab ich die Stiche auf der Haut gefühlt. Sehr gut geschrieben :-). Liebe Grüße
Hi Georg,
klasse, dass du gelesen hast. Danke, das freut mich! Das Tätowieren macht wohl süchtig, ich habe jetzt noch ein Tintenfass mit Schreibfeder und die Kapitelverzierung aus meinem Buch dazu stechen lassen. ;o)
Wir sehen uns bald.
Liebe Grüße
Nicole